
Pilgern für Menschen mit Handicap – geht das?
Lassen Sie es mich einmal provozierend sagen:
"Jeder Mensch hat sein Handicap, bei manchem sieht man es auf den ersten Blick !"
Es ist normal, verschieden zu sein und es wäre schlimm, wenn alle Menschen gleich wären. Niemand ist entweder behindert oder nicht behindert, niemand ist auch nur krank oder völlig
gesund. Niemals kann man den Wert eines Menschen mit "Normal" oder "Behindert" beschreiben.
Dem Pilger im Mittelalter ging es beim Aufbruch neben der Abenteuerlust vor allem um ihr Seelenheil, aber auch um die Frage nach dem Sinn des Lebens und um Gott. Auch wenn das in unseren Ohren fremd klingt
und Worte wie Erlösung und Vergebung uns nur noch wenig sagen, so ist doch das Pilgern heute eine neue Form der Findung zu sich, zu seinen Mitmenschen und zu Gott. Menschen aus aller Welt pilgern heute die verschiedensten Wege, um
gemeinsam – oder auch allein – ihr gestecktes, persönliches, Ziel zu erreichen.
Leider ist es für Menschen mit Behinderung nicht so leicht, sich auf den Weg zu machen. Sei es zur Erholung und zum Krafttanken, um fremde Länder und Kulturen kennenzulernen oder um
gleichgesinnte Menschen zu treffen – allzu oft scheitert das Vorhaben an Barrieren.
Behindert ist man aber nicht, behindert wird man. Kein Mensch ist perfekt, das kann wohl jeder unterschreiben. Doch gerade Menschen mit Behinderung machen oft die Erfahrung, dass sie wegen mangelnder
Perfektion ausgegrenzt werden. Für sie ist die größte Behinderung die Gesellschaft, die sich noch nicht an den Alltag mit behinderten Menschen gewöhnt hat. Um dieses Problem zu lösen, müssen Menschen mit Behinderung von Anfang an ganz
normal zur Gesellschaft gehören. Wenn das der Fall ist, wenn man ihre Fähigkeiten und Einschränkungen kennt, dann ist der Umgang mit ihnen vielleicht auch einfacher. Das Unbehagen, das mancher beim Anblick eines Blinden oder eines
Rollstuhlfahrers fühlt, wäre sicher geringer, wenn man schon einen Blinden oder einen Rollstuhlfahrer in der Klasse gehabt hätte und ihn zum Kindergeburtstag einlud.
Wer sich einen Knöchel verstaucht hat, muss evtl. auf eine Kletterpartie verzichten - aber doch nicht auf die Aussicht vom Berggipfel. Er kann doch auch im Auto den Berg hochfahren. Das mag nun nicht dasselbe sein, ist aber eine
akzeptable Lösung. Ähnlich geht es behinderten Menschen. Unsere heutigen Hilfsmittel sind gut und machen oft einen Großteil der Einschränkungen wett. Natürlich nicht alle, aber viele. Während wir körperliche Handicaps ausgleichen
können, lässt sich die Missachtung durch andere Menschen allerdings kaum ignorieren. Deshalb wäre es um vieles einfacher, wenn das gesellschaftliche Umfeld stimmen würde. Denn alle können und wollen sich entfalten. Das geht am besten,
wenn unsere Umwelt alle ernst nimmt.
Leicht verfallen wir Senioren (auch ich zähle mich als Jahrgang 1944 dazu) gerne in Aussprüche wie
"das kann ich nicht mehr, dazu bin ich zu alt" - und reden uns damit ein weiteres Handicap ein.
Wer sich aber von vornherein aufgibt, wird nie an einem Ziel stehen, nie voller Stolz zu sich sagen können:
"Und ich habe es doch geschafft - wenn es auch manchmal schwer gefallen ist!“
Freilich braucht es die verschiedensten Hilfsmittel, um seine Behinderung oder Handicap auszugleichen - sei es eine Brille, ein Blindenhund, eine Gehhilfe, ein Rollstuhl, ein Partner ...
Vor allem aber braucht es oft viel Mut, braucht es aber auch starken Willen, um sein persönliches Handicap zu überwinden. Und da behaupte ich:
Das Pilgern, das miteinander Wandern – Reden – Lachen – Singen – Schweigen, das gegenseitig Helfen, dieses Pilgern ist ein Mittel, diesen Mut und diesen Willen zu finden – und zu stärken.
Ich biete deshalb für „normale Pilger“, für Senioren und für Menschen mit Handicap geführte Pilgertouren in un-serer Heimat und auf der VIA NOVA mit ärztlicher Betreuung vor - und bei Bedarf auch während - der Tour
an. Ein Begleitbus sorgt dabei für Rucksack- oder auch mal Personentransport über schwierige oder zu lange Strecken. Diese Touren habe ich als Eintagesstrecken auf Wegen im Bayerischen Wald (z.B. die Hohenauer Kapellenwanderwege) oder
als Mehrtagestouren auf der VIA NOVA geplant.
"Gemischte Gruppen“, geht das ? Ich kann ich mir nicht vorstellen, dass etwas dagegen spricht, außer der Personenzahl innerhalb einer Pilgergruppe, die ein Begleitfahrzeug benötigt. Um zu einigermaßen annehmbaren Kosten zu kommen,
sollten mindestens drei TeilnehmerInnen dieses Begleitfahrzeug wünschen.
Mein Ziel, zusammengefasst:
Pilgerwege zu finden, festzulegen und anzubieten, die auch weitgehendst von Senioren
und Pilgern mit Handicap gemeistert werden können.
Dabei beachte ich nach Möglichkeit folgende Punkte besonders:
-
Angeboten werden Halbtages- Tages- und Mehrtagestouren
-
Jeder Pilger bestimmt seine persönliche Strecke, er kann jederzeit abbrechen
-
Übernachtung möglichst in behindertengerechter Unterkunft
-
Hilfsmittel anbieten, mit denen Barrieren oder schwierigere Stellen überwunden werden können – oder um
zu lange Strecken „abzukürzen“ (z.B. Begleitfahrzeug)
-
Wir helfen / unterstützen uns gegenseitig
Wege entstehen dadurch, dass man sie geht – im Menschen – im Leben – in der Natur.
Georg Brunnhölzl, zertifizierter Pilgerwegbegleiter
weitere Infos
|